Der Kangal – ein urwüchsiger und selbständig handelnder Herdenschutzhund

 

Kangal Hirtenhunde brauchen ein großes Revier und einen erfahrenen Hundekenner

 


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Der Kangal wird auch Anatolischer Hirtenhund genannt. Er ist ein selbständig handelnder Herdenschutzhund zum Schutz großer Viehherden. Kangals sind urwüchsige Herdenschutzhunde mit dominantem Wesen. Leider werden die imposanten Hunde heute oft wenig artgerecht als Statussymbol gehalten. Es sind sehr selbständig handelnde Vierbeiner, die unbedingt eine frühe und artgerechte Sozialisierung ab dem Welpenalter benötigen.

 
 

Geschichte und Herkunft des Kangals

 

Steckbrief Kangal

  • Ursprungsland: Türkei
  • Standardnummer: 331
  • Widerristhöhe: Rüden: 72-78 cm, Hündinnen: 65-73 cm
  • Gewicht: Rüden 48 – 60 kg, Hündinnen 40 – 50 kg
  • Verwendung: Herdenschutzhund
  • FCI-Gruppe 2: Pinscher und Schnauzer, Molossoide, Schweizer Sennenhunde.
  • Sektion 2.2: Molossoide, Berghunde. Ohne Arbeitsprüfung.

Namensgeberin des Kangal Hirtenhundes (türkisch: Kangal Coban Köpegi) ist die Stadt Kangal in der Provinz Sivas im türkischen Ostanatolien. Man nimmt an, dass die Vorfahren der Kangals große Jagdhunde aus Mesopotamien (heutiger Irak) waren.

Die robusten Hunde halfen Nomaden, aber auch sesshaften Siedlern seit Jahrhunderten beim Hüten und dem Schutz großer Schafherden vor Bären und Wölfen.

Extreme klimatische Verhältnisse mit kalten Wintern und heißen Sommern in Ostanatolien erforderten widerstandsfähige Herdenschutzhunde, die selbstständig arbeiten konnten.

1965 importierte man erste Kangals nach Großbritannien und begann dort mit der systematischen Zucht. Im Laufe der 70er und 80er Jahre verbreitet sich die Rasse in weiteren europäischen Ländern und den USA. In Deutschland gibt es heute etliche Zuchtvereinigungen.

In der Türkei selbst begann man ab 1975, den robusten und wachsamen Vierbeiner auch für den Dienst im Militär auszubilden.

1989 wurde der Kangal zunächst unter der Bezeichnung „Anatolischer Hirtenhund“ gemeinsam mit weiteren „Varietäten“, wie dem Akbas und Kars-Hund (die schon damals im Prinzip eigenständige Rassen darstellten) von der FCI anerkannt. Der Rassestandard wurde zunächst von der Köpek IrklarI ve Köpek Bilimleri Federasyonu, der kynologischen Vereinigung der Türkei, kurz KIF, festgelegt. Im Rahmen eines Partnerschaftsvertrages mit der FCI wurde die KIF zum alleinigen Partner der FCI und seit 2010 wurden zunächst auch die türkischen Ahnentafeln durch die FCI anerkannt.

Später stellte sich heraus, dass weder der Akbas und Kars-Hund genetisch mit dem Kangal verwandt sind. Daher änderte die FCI 2018 den Rassestandard und benannte ihn in „Kangal-Hirtenhund“ (türkisch: Kangal Coban Köpegi) um. Somit ist derzeit nur der Kangal offiziell von der FCI anerkannt.

 
 

Aussehen des Kangals

 

Die Molosser werden von der FCI unter der Standardnummer 331 geführt. Hier werden sie der Gruppe 2, Pinscher, Schnauzer, Molossoide und Schweizer Sennenhunde, sowie der Sektion Sektion 2.2, Molossoide und Berghunde, ohne Arbeitsprüfung, zugeteilt.

Die FCI gibt eine Widerristhöhe von 72 bis 78 cm beim Rüden und 65 bis 73 cm bei der Hündin vor, wobei die Größe jeweils um 2 cm nach oben und unten abweichen darf.

Auch das Gewicht ist festgelegt und sollte bei Rüden 48 bis 60 kg betragen, während Hündinnen 40 bis 50 kg auf die Waage bringen dürfen. Kangals erreichen ein Alter von 10 bis 13 Jahren.

Das Fell des imposanten und zugleich eleganten Vierbeiners besteht aus 3 bis 7 cm dickem, rauem Deckhaar und einer dichten Unterwolle. An Hals, Schulter und Oberschenkeln wächst das Fell etwas länger und dicker.

Der Rassestandard fordert eine einheitliche Fellfarbe, deren Nuancen von Cremefarben bis Wolfsgrau reichen können. Dabei kann das Fell an der Brust etwas heller sein.

Weiße Abzeichen sind nur an Pfoten und Füßen erwünscht und auch die Spitze der nach oben hin leicht eingerollten Rute darf weiß sein.
Typisch für die Hirtenhunde ist ihre schwarze Maske, die ihnen auch den früheren Namen „Karaba?“ (Schwarzkopf) einbrachte, wobei „kara“ aus dem Türkischen übersetzt soviel wie „schwarz“ bedeutet und „ba?“ mit „Kopf“ übersetzt werden kann.

Das Schwarz der Maske erstreckt sich über die Schnauze und wird zum Schädel hin heller. Auch die Ohren, die man früher kupierte, sind von dunkler Fellfarbe. Seine mandelförmigen Augen sollten möglichst dunkel sein. Der Körperbau des Kangals ist kräftig und muskulös.

 

Video zur Rasse des Kangals

 
► Kangal Hirtenhund [2021] Rasse, Aussehen & Charakter
 

Wesen, Charakter und Erziehung des Kangals

 


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Kangals haben einen unbestechlichen Charakter und bewachen am liebsten ein besonders großes Revier.Die beweglichen und athletischen Hunde beobachten ihre Umgebung mit Argusaugen. Kein Eindringling entgeht den wachsamen und beweglichen Vierbeinern, was sich auch in ihrer aufmerksamen Mimik äußert.

Kangals sind selbständig handelnde Hunde mit ausgeprägtem Dominanzverhalten und vertragen sich mit anderen Hunden weniger gut. Bietet man dem Hund aber ein großes Revier, in dem er seinen guten Charakter und ausgeprägten Beschützerinstinkt unter Beweis stellen kann, wird man sich über einen anhänglichen und treuen Freund freuen.

Dabei muss sein Besitzer den dominanten und selbstständigen Hund aber auch fachkundig führen können und ihm schon im Welpenalter die entsprechende Erziehung bieten, um dauerhaft als Rudelführer anerkannt zu werden. Und selbst, wenn Sie seine Anerkennung als Leitwolf genießen, wird der Kangal seine eigenen Entscheidungen treffen, wenn er es für nötig befindet. Fremden gegenüber verhält sich der Kangal distanziert und misstrauisch.

Das kann leider auf gemeinsamen Spaziergängen immer wieder zu Problemen führen, denn manche Kangals lassen sich in heiklen Situationen nicht zuverlässig abrufen. Grund dafür ist, dass der Kangal in Situationen, die er als „kritisch“ beurteilt, blitzschnell von seinem angeborenen und starken Schutztrieb gesteuert wird, um „sein“ Rudel zu beschützen. Ist aus seiner Perspektive ein Angriff als beste Verteidigung geboten, kann dies schnell in einer blutigen Auseinandersetzung enden. Dies zeigt, dass der Kangal unbedingt frühzeitig mit anderen Artgenossen sozialisiert und geprägt werden muss. 

Jeder, der sich einen Hund dieser Rasse zulegen möchte, muss daher genau prüfen, ob seine Hundekenntnisse für die Erziehung dieses anspruchsvollen Vierbeiners ausreichen. Wer sich vorher einen Golden Retriever erfolgreich gehalten hat, kann mit dieser Rasse brachial scheitern. Eine hundertprozentige Unterordnung und einen absoluten Gehorsam darf man beim Kangal niemals erwarten.

Der intelligente Hund handelt stets unbestechlich und zögert nicht, in seinen Augen feindlich gesinnte Eindringlinge, egal ob Tier oder Mensch, anzugreifen. Als Anfängerhunde sind Kangals gar nicht geeignet. In Deutschland werden sie in einigen Bundesländern (derzeit in Hamburg und Hessen) als Listehunde geführt. Ein individueller Wesenstest, der bescheinigt, dass der Hund frei von Aggressivität und ungefährlich ist, kann dem Halter erlauben, den Hund in diesen Bundesländern zu halten.

 
 

Auslauf, Pflege und Haltung des Kangals

 

Kangals sind große Herdenschutzhunde und sind in ihrer Haltung anspruchslos. Ihr Wesen erfordert allerdings einen richtigen Hundekenner.Die archaischen Vierbeiner brauchen ernsthafte Aufgaben und Herausforderungen, wie das Bewachen eines großen, eingefriedeten Areals oder das Beschützen einer Herde. Neben ihrem starken Wach- und Schutztrieb, den die Hunde  gerne mit tiefem, eindringlichem Gebell untermalen, haben sie auch einen nicht minder ausgeprägten Jagdtrieb.

Für typische Hundesportarten wie Agility, Hundespielzeug oder das Leben in der Stadt wird man einen Kangal gewiss nicht begeistern können.

Die urwüchsigen Hunde lieben den Aufenthalt im Freien, sowohl bei sommerlicher Hitze, als auch bei Schnee und Eis im tiefsten Winter. So hält man den Kangal idealerweise das ganz Jahr über im Freien, wo er sich natürlich auch gerne in eine gemütliche Hütte zurückziehen kann.

Eine Zwingerhaltung sollte man dem freiheitsliebenden Vierbeiner keinesfalls antun, denn obwohl der Hund so freiheitsliebend ist, braucht er den tägliche sozialen Kontakt zu seinem Rudelführer. Die Haltung eines Kangals in unseren meist dicht besiedelten Breiten mit eher kleinen Grundstücken sollte daher gut überlegt werden.

Auch vom Futter her stellt der Kangal kaum besondere Ansprüche, musste er doch von seiner Herkunft her oft wochenlang mit einfachsten Nahrungsmitteln wie landwirtschaftlichen Abfällen Vorlieb nehmen. Um einer Magendrehung vorzubeugen, sollte man dem Kangal, wie allen großen Hunden, nach dem Fressen Ruhe gönnen, um gemütlich verdauen zu können.

Die Fellpflege ist einfach, regelmäßiges Bürsten genügt, nur zur Zeit des Fellwechsels ist muss die Pflege intensiviert werden, da Kangals über viel Unterwolle verfügen, die ausgebürstet werden muss.

 

Rassetypische Krankheiten beim Kangal

 

Sofern Kangals auch einer seriösen Zucht kommen, haben die Hunde eine sehr robuste Gesundheit. Rassetypische Krankheiten gibt es so gut wie gar nicht. Gelegentlich kann, wie bei allen großen Rassen, Hüftdysplasie auftreten. Verantwortungsvolle  Züchter überprüfen ihre Zuchttiere aber immer auf eine genetische Disposition zu Hüft- oder auch Ellbogendysplasie. Lassen Sie sich Ergebnisse entsprechender Untersuchungen vom Züchter zeigen.

Wie viele große Hunde, kann der Kangal für Magendrehungen anfälliger sein. Gönnen Sie dem Hund daher nach den Mahlzeiten (am besten mehrere am Tag) ein ruhiges Plätzchen zum entspannten Verdauen.

 

Häufig gestellte Fragen zum Kangal

 
Wie gefährlich ist der Kangal?

Der Kangal ist ein Herdenschutzhund, der es gewohnt ist, selbständig zu handeln. Er hat einen starken Schutztrieb und verhält sich in der Regel äußerst dominant. Kangals eignen sich insbesondere zum Bewachen großer Areale. Die Hunde müssen mit viel Konsequenz und Erfahrung erzogen werden. Von einem schlecht sozialisierten Kangal kann durchaus eine Gefahr ausgehen. Der Kangal wird in Deutschland in den Bundesländern Hamburg und Hessen als „gefährliche“ Hunderasse geführt. In Hamburg kann die potenzielle Gefährlichkeit durch einen bestandenen Wesenstest widerlegt werden. 

Wie sieht ein Kangal aus?

Kangal Rüden sollten gemäß FCI Standard 72 bis 78 cm groß werden, während Hündinnen mit 65 bis 73 cm etwas kleiner sein dürfen. Das Gewicht darf beim Rüden 48 bis 60 kg betragen, während die Hündin etwa 40 bis 50 kg wiegen sollte. Das Fell der Hunde besteht aus bis zu 7 cm langem, kräftigem Deckhaar und dichter Unterwolle. Kangals erreichen ein Alter von 10 bis 13 Jahren.